Bachelor of Arts in Fine Arts, Diplom
Künstlerische Thesis, 2019
Das Treppenhaus des Kunsthauses Langenthal atmet die staubige, historistische Luft des 19. Jahrhunderts. Die leicht oliv abgetonte Farbe der Wände ist abgenutzt. An der grossen Wand im Zwischengeschoss hängt für die Diplomausstellung ein riesiges Plakat, das die Wand beinahe vollständig bedeckt. Zu sehen ist eine schwarzweisse Abbildung der "Nike von Samotrake" aus dem Louvre. Die Abbildung aus einem ebenfalls sehr staubigen kunsthistorischen Führer wurde auf die Originalgrösse der antiken Skulptur vergrössert und dann an verschiedenen kleineren Stellen bunt bemalt oder eher farbig kommentiert. Auf fast kindliche Art und Weise wurde an gewissen Stellen Oelkreide in den fahlen Druck einmassiert, als könnte etwas lebloses wieder heil oder lebendig gemacht werden.
Im Verfahren identisch, haben "der betende Knabe" sowie "Eros aus Centocelle" eine ähnliche Behandlung erfahren. Diese beiden Arbeiten bilden zusammen mit "Nike von Samotrake” den einen Teil des Beitrages von Sacha Rappo.
Der andere Teil besteht aus einem Raum im zweiten Stock des Kunsthauses. Mit verschiedenen Materialien hat Sacha hier eine Art Garten eingerichtet. Der Boden ist mit Kunstrasen ausgelegt, an einer Wand sind ein paar zusammen—geklappte Gemüsekisten aufgestapelt und mit einem Stück Steinplatte beschwert. Etwas aus der Mitte gerückt, steht ein seltsam abgerundet und geschliffener, massiver Holzklotz. Direkt beim Eingang steht ein tiefer Campingtisch aus Aluminium etwas im Weg. Die Tischplatte besteht aus Stein, vermutlich das Stück einer alten Küchenabdeckung. Leicht verdeckt hinter dem Tisch liegt ein rundlicher Sandstein im Rasen, der roh bearbeitet erscheint. Bei naherer Betrachtung ist ein geformter Kopf zu erkennen. In der Folge lässt sich der erwähnte Holzklotz eindeutig als männlichen Torso identifizieren.
Das Ganze verbreitet die seltsam aufgeraümte Stimmung einer wertlosen Sorgfalt. Alle Materialien könnten gerade so gut vom Sperrmüll oder aus einer Mulde stammen, scheinen auf den ersten Blick nicht sehr ambitiös aber dennoch präzise bearbeitet. Bei ihrer formalen Unterschiedlichkeit sind die beiden beschriebenen Ausstellungsbeiträge thematisch eng miteinander verwoben.
Die Anspielung auf den Aussenraum gibt einen Hinweis, dass hier versucht wird, die Kulturgeschichte der Menschheit als Hinterhofgarten anzuordnen um sich in individuellem Tempo darin bewegen zu können, gewisse Dinge animieren und andere relativieren zu können, hier etwas einzugraben um dort etwas zu bergen und dabei immer die entsprechenden Möglichkeiten und Konsequenzen im Blick zu behalten.
So wird das eigentlich anmassende Unterfangen, so etwas wie die Kulturgeschichte überblicken zu wollen, unaufgeregt und menschlich angegangen, ja beinahe realistisch und greifbar angelegt.
Markus Müller
Bachelor of Arts in Fine Arts, Diplom
Künstlerische Thesis, 2019
Das Treppenhaus des Kunsthauses Langenthal atmet die staubige, historistische Luft des 19. Jahrhunderts. Die leicht oliv abgetonte Farbe der Wände ist abgenutzt. An der grossen Wand im Zwischengeschoss hängt für die Diplomausstellung ein riesiges Plakat, das die Wand beinahe vollständig bedeckt. Zu sehen ist eine schwarzweisse Abbildung der "Nike von Samotrake" aus dem Louvre. Die Abbildung aus einem ebenfalls sehr staubigen kunsthistorischen Führer wurde auf die Originalgrösse der antiken Skulptur vergrössert und dann an verschiedenen kleineren Stellen bunt bemalt oder eher farbig kommentiert. Auf fast kindliche Art und Weise wurde an gewissen Stellen Oelkreide in den fahlen Druck einmassiert, als könnte etwas lebloses wieder heil oder lebendig gemacht werden.
Im Verfahren identisch, haben "der betende Knabe" sowie "Eros aus Centocelle" eine ähnliche Behandlung erfahren. Diese beiden Arbeiten bilden zusammen mit "Nike von Samotrake” den einen Teil des Beitrages von Sacha Rappo.
Der andere Teil besteht aus einem Raum im zweiten Stock des Kunsthauses. Mit verschiedenen Materialien hat Sacha hier eine Art Garten eingerichtet. Der Boden ist mit Kunstrasen ausgelegt, an einer Wand sind ein paar zusammen—geklappte Gemüsekisten aufgestapelt und mit einem Stück Steinplatte beschwert. Etwas aus der Mitte gerückt, steht ein seltsam abgerundet und geschliffener, massiver Holzklotz. Direkt beim Eingang steht ein tiefer Campingtisch aus Aluminium etwas im Weg. Die Tischplatte besteht aus Stein, vermutlich das Stück einer alten Küchenabdeckung. Leicht verdeckt hinter dem Tisch liegt ein rundlicher Sandstein im Rasen, der roh bearbeitet erscheint. Bei naherer Betrachtung ist ein geformter Kopf zu erkennen. In der Folge lässt sich der erwähnte Holzklotz eindeutig als männlichen Torso identifizieren.
Das Ganze verbreitet die seltsam aufgeraümte Stimmung einer wertlosen Sorgfalt. Alle Materialien könnten gerade so gut vom Sperrmüll oder aus einer Mulde stammen, scheinen auf den ersten Blick nicht sehr ambitiös aber dennoch präzise bearbeitet. Bei ihrer formalen Unterschiedlichkeit sind die beiden beschriebenen Ausstellungsbeiträge thematisch eng miteinander verwoben.
Die Anspielung auf den Aussenraum gibt einen Hinweis, dass hier versucht wird, die Kulturgeschichte der Menschheit als Hinterhofgarten anzuordnen um sich in individuellem Tempo darin bewegen zu können, gewisse Dinge animieren und andere relativieren zu können, hier etwas einzugraben um dort etwas zu bergen und dabei immer die entsprechenden Möglichkeiten und Konsequenzen im Blick zu behalten.
So wird das eigentlich anmassende Unterfangen, so etwas wie die Kulturgeschichte überblicken zu wollen, unaufgeregt und menschlich angegangen, ja beinahe realistisch und greifbar angelegt.
Markus Müller